Sylvia wurde in Villach geboren und wuchs dort als jüngstes von vier Kindern auf. Ihre Kindheit war von Geborgenheit und Liebe geprägt. Besonders ihre Mutter, die viel Liebe in die Pflege naher Angehöriger legte, prägte ihren sozialen Weg. Ihr Vater, der als Kriminalbeamter in Villach beim Erkennungsdienst arbeitete, strahlte ebenfalls eine tiefe Menschlichkeit aus, die Sylvia formte. Schon als Kind war sie von seinem Beruf fasziniert, und er wurde zu ihrem Vorbild. Der frühe Tod ihres Vaters, als Sylvia gerade einmal 15 Jahre alt war, traf sie hart und hinterließ eine große Lücke. Doch an diesem Verlust wuchs sie und entwickelte eine Stärke, die sie bis heute begleitet.
Die Entscheidung, die Handelsakademie in Villach zu besuchen, war für Sylvia ein Schritt in eine Richtung, die sie letztlich nicht erfüllte. Sie wollte keine Sekretärin werden, sondern suchte nach einer Berufung, die mehr mit ihrem inneren Antrieb in Verbindung stand. Der Wunsch, zur Polizei zu gehen, wuchs immer stärker in ihr. Ein Kollege ihres verstorbenen Vaters, half ihr. und Renate Petz, die erste Frau in der Kärntner Polizei sollte ihren Lebensweg maßgeblich verändern.
Sylvia entschloss sich, die Sozialakademie in Wien zu besuchen, doch die Ausbildung war vor allem auf soziale Berufe ausgerichtet – nicht das, was sie suchte. Im zweiten Ausbildungsjahr bot sich ihr die Chance, bei der Gendarmerie aufgenommen zu werden, die zu dieser Zeit begann, Frauen in den Dienst zu integrieren. Sylvia trat 1985 in den Gendarmeriedienst ein und brach dafür ihre Ausbildung an der Sozialakademie ab. Sie wurde direkt in die Kriminalabteilung versetzt, in den Bereich der Sexual- und Gewaltdelikte, was besonders für Frauen und Kinder von Bedeutung war. Sylvia war nie in Uniform und sah sich von Anfang an mit schweren Fällen wie Mord und sexuellen Übergriffen konfrontiert. Aber es waren nicht nur die Gräueltaten, die sie prägten, sondern auch der respektvolle Umgang mit den Opfern, der ihr während ihrer gesamten Karriere wichtig blieb.
In den ersten Jahren war sie oft von den erlebten Fällen überwältigt. Aber ihre Erfahrung zeigte ihr, wie wichtig es ist, Abstand zu wahren, Beruf und Privatleben klar zu trennen und mit Kollegen über die Belastungen zu sprechen. Sylvia lernte, dass sie als Ermittlerin nicht urteilen muss, sondern lediglich der Wahrheit auf den Grund gehen soll.
Heute, nach über 40 Jahren im Polizeidienst, hat sich viel verändert. Besonders die Arbeit im Bereich der Internetkriminalität, speziell bei Kinderpornografie, hat enorme Herausforderungen mit sich gebracht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in Sylvias Arbeit ist ihre Zusammenarbeit mit den Opfer- und Gewaltschutzzentren in Kärnten. Seit 25 Jahren arbeitet sie eng mit diesen wichtigen Einrichtungen zusammen, die Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch begleiten und ihnen als erste Anlaufstelle dienen. Für Sylvias Engagement und ihre unermüdliche Arbeit wurde ihr 2024 der Gewaltschutzpreis verliehen – eine wohlverdiente Anerkennung für ihre jahrelange Arbeit und ihren unerschütterlichen Einsatz für die Opfer.
Sylvia lebt nach dem Lebensmotto: „Ich lasse Schwäche zu, darf diese auch zeigen und ich kann Hilfe annehmen.“ Sie weiß, dass es nicht nur die Stärke ist, die uns im Leben weiterbringt, sondern auch die Fähigkeit, Schwächen zu akzeptieren und sich Unterstützung zu holen. Ihre Geschichte ist ein beeindruckendes Beispiel für die Stärke einer Frau, die ihre Berufung gefunden hat und dabei ihre Menschlichkeit bewahrt.
055 – Sylvia Klee: Mit Respekt